Ist das Thema KI in den Vorstandsetagen angekommen?

Dass das Thema KI spätestens seit ChatGPT in aller Munde ist, wird vermutlich für kaum jemanden etwas Neues sein.

Auch wenn die „großen Tanker“ der Versicherungsbranche oft den Ruf haben, etwas träge und wenig innovativ zu sein, scheint jedoch auch dieses Thema seinen Platz in den Führungsetagen gefunden zu haben.

Jörg Bienert sieht daher nicht bei den großen Versicherern die Notwendigkeit für Pionierarbeit. Stattdessen erkennt er die Probleme eher beim Mittelstand, da dort nicht genügend finanzielle oder andere attraktive Benefits vorhanden sind, um beispielsweise qualifizierte Data Scientists zu halten.

Langfristig müsste das bedeuten, dass ein gemeinschaftlicher Ansatz geschaffen werden muss. Der Bundesverband KI bietet bereits die Plattform für die beratenen Unternehmen, um sich gegenseitig auszutauschen und gegebenenfalls zu unterstützen.

Sind sich Unternehmen der bereits vorhandenen Datenqualität bewusst?

Eins ist klar: An einer KI-Strategie kommt kein Unternehmen mehr vorbei, wenn es nachhaltig Teil des Marktes bleiben will. Jedoch ist KI auch nicht die Lösung dafür, dass in den letzten Jahrzehnten zu wenig in gute IT investiert worden ist.

„Der KI-Hype wird als Hebel genutzt, um die technischen Schulden der letzten 15-20 Jahre aufzuräumen“.

Dadurch, dass die KI-Thematik in der Presse rauf und runter diskutiert wird, werden auch die CEOs immer mehr darauf aufmerksam. Sie fragen also ihre IT, wie sie als Unternehmen in diesem Bereich aufgestellt sind. Viele Daten gibt es zwar schon, doch die Qualität dieser Daten ist wahrscheinlich weniger im Bewusstsein. Die intelligente und effiziente Nutzung der bereits vorhanden Daten ist eine Challenge, bei der es nicht reicht, „wenn man einen KI-Sticker auf ein Faxgerät klebt“.

Besonders bei Startups sieht Bienert Potential. Dort ist es leichter, eine Strategie auf der grünen Wiese zu erarbeiten, als neue, automatisierte Prozesse mit einem komplexen Altsystem umzusetzen.

„Wenn man ein Unternehmen auf der grünen Wiese aufbaut, das sich dann ebenso auf der grünen Wiese Datenmodelle, Strukturen, Prozesse ausdenken kann, um sicherzustellen, dass all das, was an Informationen angesammelt wird auch durch die Systeme zur Verfügung steht ‒ja dann hat man ganz andere Möglichkeiten. 

Da redet man am Ende des Tages von einem ganz anderen Unternehmen, wo man die Prozesse sehr, sehr viel effizienter gestalten kann.“

Was ist die Zukunftsvision?

Grundsätzlich werden in Zukunft Unternehmen und Organisationen Zugriff auf einen riesigen Datenbestand haben. Dadurch können Entscheidungsprozesse fokussierter verlaufen oder vereinfacht werden. Bisher, so beobachtet es Bienert, basieren die Diskussionen meist auf unterschiedlichen Interpretationen der Ist-Situation. Mit KI können verschiedene Szenarien durchgespielt und bessere Entscheidungen getroffen werden.

Aber was bedeutet überhaupt Zukunftsvision?

Auf der grünen Wiese, so behauptet Bienert, ließe sich rein aus technischer Sicht bereits jetzt auf diese Art und Weise arbeiten. Daher ist es vor allem eine Frage der Zeit, bis Versicherungsunternehmen grundlegend neu aufgestellt werden. Bedeutet das, dass die große Disruption kommt? Das wird die Zukunft zeigen.

Zu Gast: Jörg Bienert, Präsident vom Bundesverband KI

Philosoph! - der andere Versicherungspodcast bietet Raum für die wirklich wichtigen Fragen der Branche. Zukunftsforscher Michael Carl und Mathias Harrassowitz, CMO Sapiens Germany, diskutieren in jeder Folge mit einem Gast über die Zukunft von Versicherung, Versicherungsunternehmen und der Versicherungswelt.