Wir müssen unsere Griesgrämigkeit ablegen. Das ist die erste Botschaft von Marcel Fratzscher in meinem Podcast. Meine Frage war: Was hemmt uns auf dem Weg in eine gute Zukunft? Sind wir also alle Griesgrame? Mürrisch und schlecht gelaunt, herabhängende Mundwinkel und stets bereit, uns aggressiv über den Lauf der Dinge zu beschweren?

Was ist bitte genau ein Griesgram und wenn wir es sind, wie legt man Griesgrämigkeit ab? Das Lexikon sagt: „Griesgram, der“ [ˈɡʁiːsˌɡʁaːm], abwertendes Substantiv. Der Begriff geht auf das althochdeutsche Wort für Zähneknirschen zurück. Wikipedia ergänzt: Griesgrämigkeit ist mehr als nur schlechte Laune, eher eine Charaktereigenschaft.

Diesen Charakter gilt es also zu verändern. Fragen wir zunächst nach den Stärken, immer gut bei Veränderungsprozessen. Was kann ein Griesgram? Nehmen wir Oscar aus der Sesamstraße, der Griesgram in der Mülltonne. Er findet hässliches schön, nerviges angenehm, er dreht die Perspektive: „Ich mag Müll. Alles, was staubig ist, schmutzig und dreckig.“ (Da jetzt ohnehin alle das Video suchen, hier der Link). Kurzum: Oscar beherrscht die Kunst des re-framings, eine der zentralen Quellen von Inspiration und Innovation. Der Griesgram vermag der Realität und ihrer gängigen Wahrnehmung eine andere Seite abzugewinnen. Bauen wir darauf auf.

Wie aber schütteln wir die lähmende Negativität ab? Lernen wir vom größten Griesgram der Literaturgeschichte, Ebenezer Scrooge. Er braucht für seine Transformation drei Geister. In der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens erscheinen ihm nacheinander der Geist der Vergangenheit, der der Gegenwart und der der Zukunft. Sie wandeln der grausamen Griesgram in einen guten Mann. Das ist Kitsch, natürlich. Das ist ja auch Weihnachten. Wenn wir aber Griesgrame sind, welches wären unsere Geister und was würden sie uns zeigen?

Da käme zuerst unser Geist der Vergangenheit. Er zeigte uns, wie innovativ, tatkräftig und mutig wir einmal waren. Wie wir eine Wirtschaft und Gesellschaft aufgebaut haben, die uns über viele Jahrzehnte Frieden und wachsenden Wohlstand gebracht hat. Nicht für alle gleich, aber alles in allem schon ganz erfolgreich. Wir wissen, dass wir es können, denn wir konnten es.

Wir brauchen unseren Geist der Gegenwart, der uns zeigt, wie andere die Transformation geradezu suchen, während wir noch über die Härten der VUCA-Welt klagen und reihenweise Resilienztrainings buchen, um besser mit Unsicherheit umgehen zu lernen. Wer die Welt aus indischer, indonesischer, mexikanischer Perspektive betrachtet, hält sich damit nicht auf. So ist die Welt nun mal. Packen wir es an.

Wir brauchen unseren Geist der Zukunft, der uns zeigt, wohin wir steuern. Und das ist, wie bei Ebenezer Scrooge, kein schönes Bild. Klimakrise, demographische Krise, geopolitische Verwerfungen. Bleiben wir, dann gehen wir.

Wir könnten sagen: Wir brauchen einen Sinn für Kompetenz, Zutrauen in die Möglichkeit und ein Gespür für die Relevanz.

Das geht. #tschüssgriesgrämigkeit