Arbeit ist in der Krise. Genauer: Eine ganze Reihe von Selbstverständlichkeiten, die wir mit der Arbeitswelt verbinden, stoßen zunehmend an Grenzen. Eva und Michael wagen in dieser Folge des großen Blick: Muss Arbeit „so“ sein - oder ist Arbeit historisch bedingt? Denn wenn sie das wäre, dann hätten wir ja die Chance, unser Bild von Arbeit zu verändern und zu gestalten, durch die Krise hindurch und aus ihr hinaus. Das wäre ja eine gute Nachricht. Fragen wir also doch einmal einen Historiker, der sich mit dem Bild von Arbeit beschäftigt hat. Thomas Ertl ist Professor für die Geschichte des hohen und späten Mittelalters an der FU Berlin. Er sagt: Jede Generation denkt erst einmal, dass Arbeit genau so sein muss, wie sie sie kennengelernt hat. Und: Genau so wird es bleiben. Und genau das wird natürlich nicht geschehen. Arbeit, sagt Thomas, ist geradezu Ausdruck des gesellschaftlichen Wandels durch die Jahrhunderte.

Auffällig: Aus der Vormoderne kennen wir relativ wenige Texte über Arbeit. Arbeit wird vollzogen, wird als gewöhnlicher Bestandteil des Lebens interpretiert. Und wo darüber reflektiert wird, ist Arbeit Teil der Schöpfung, Teil des Heilsplans, daher auch: christliche Pflicht. Oder umgekehrt formuliert: Wahrscheinlich haben wir noch nie so viel über Arbeit nachgedacht wie heute. Macht es uns das leichter? Nun ja.

Die Trennung zwischen Arbeitsort und Wohn- und Lebensort ist relativ jung. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war die Mehrheit der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft beschäftigt - auch unter den Bedingungen der Industrialisierung. Erst mit Aufkommen der Dienstleistungsgesellschaft hat sich das entscheidend gedreht. Seither erleben wir diese Trennung - und stellen uns entsprechend neue Fragen. Eine Entwicklung, in die wir alles in allem hineingestolpert sind, ohne dass wir es geplant hätten oder auch nur direkt bemerkt hätten. Wer in die Geschichte schaut oder in außereuropäische Kontexte, kann erkennen, dass die Trennung von Arbeit und Leben nicht notwendig ist. Thomas weist allerdings auch darauf hin, dass wir in den meisten Fällen wahrscheinlich nicht tauschen wollen würden.

Mitte des 19. Jahrhunderts arbeiteten Menschen in Mitteleuropa im Schnitt doppelt so viel wie heute. Nur eine Gesellschaft, in der Menschen in großem Umfang Freizeit haben und zu einem Zeitpunkt in den Ruhestand gehen, zu dem sie im Grunde topfit sind, nur dort kann das Thema Ehrenamt eine Rolle spielen. Natürlich gab es auch früher soziales Engagement und das war wichtig für den einzelnen wie für die Gesellschaft. Aber die Idee einer ehrenamtlichen Tätigkeit und schon gar die heute verbreitete Vorstellung, das Ehrenamt sei im Grunde wertvoller als die stupide Erwerbsarbeit, diese Vorstellung findet sich in früheren Jahrhunderten nicht.

Zu Gast: Prof. Dr. Thomas Ertl, Professor für die Geschichte des hohen und späten Mittelalters an der FU Berlin

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