Purpose Magazin: "Was hat die Zeitrevolution ausgelöst?"

Michael: "Die Jugend glaubt uns die alte Geschichte nicht mehr. Nämlich die Geschichte: Sei fleißig über 40 oder 45 Jahre und danach kannst du dich ausruhen. Ich persönlich bin Jahrgang 68. Ich bin in einer anderen Welt aufgewachsen. Wir haben das nicht hinterfragt, als wir ins Berufsleben eingestiegen sind. Das war wie ein ungeschriebenes Gesetz.

Wenn man das aber nicht glaubt, dann kommt man sehr schnell zu der Überlegung: Ich könnte die Zeit schon jetzt nutzen, das ist doch viel besser. Und wenn ich sowieso nicht weiß, wovon ich im Alter leben soll, dann sind mir die Rentenpunkte auch egal. Und was wird bis dahin aus der Klimakrise? Wir haben Themen ohne Ende auf der Liste. Es ist eine grundlegende Erkenntnis, dass sich dieses Prinzip der Zeitsparkasse endgültig als das entpuppt hat, was es immer war: Nur eine Fiktion, an die wir eben alle geglaubt haben.

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Purpose Magazin: Schöne neue Arbeitswelt – virtuell, hybrid, flexibel. Ist das, was uns heute noch ungewöhnlich erscheint, morgen schon Realität?

Michael: "100-prozentig. Und das zieht sich durch alle Branchen. Wir werden keine ‚Thank God it‘s Friday-Partys‘ mehr feiern müssen, vielleicht feiern wir die schon montags. Endlich kann ich wieder mit Energie und neuen Impulsen zur Arbeit gehen. Wenn wir Technologie und Demografie zusammenbringen, kommen wir zu einer anderen Zusammensetzung unserer biografischen Struktur. ..."

"Wir müssen uns von diesem Modell verabschieden. So schnell wie sich Technologie heute entwickelt, steht das doch im krassen Gegensatz zu der Vorstellung, dass Menschen etwas erlernen und für die nächsten 40 Jahre ausüben. Wir werden uns eher mit dieser Vorstellung anfreunden: Ich erlerne einen Beruf, praktiziere ihn vielleicht zehn Jahre und weiß jetzt schon, dass ich dann etwas anderes machen werde – wahrscheinlich eine Tätigkeit, die es heute noch gar nicht gibt, und die ich dann lernen werde. Und 15 Jahre später werde ich noch einmal etwas völlig anderes machen.

Nur wenn wir dieser Logik folgen, werden wir die echte Chance haben, uns von diesem Ersatzmaschinen-Modell zu lösen und zu einer Vorstellung von Arbeit kommen, die uns mehr Kraft, Wert und Sinn gibt, als sie uns nimmt. Auch die Vorstellung, dass wir Montag morgens voller Energie in die Fabrik gehen und Freitagabend völlig erschöpft von der Arbeit zurück kommen, wird damit zum Auslaufmodell."


Das ganze Gespräch steht unter: https://www.purpose-magazin.de/zeitnotstand-zum-zeitwohlstand/