Die Natur kann Kreislaufwirtschaft - und kaum etwas anderes. Wohin wir schauen: Ein vermeintliches Ende ist stets der Anfang von etwas Neuem. Nur wir Menschen sind spätestens mit Ende der Industrialisierung auf lineares Denken, Arbeiten und Wirtschaften ausgerichtet. Quelle von Wohlstand und Entwicklung in der ersten Welt, ebenso wie der Klimakrise und weiterer Phänomene.

Die Folge vom diesjährigen Future Camp unseres Instituts, erkennbar am Gezwitscher portugiesischer Mauersegler im Hintergrund. Mit einer Runde von Zukunftsforscher:innen und Expertinnen ziehen wir uns für die Woche in die portugiesischen Berge zurück und diskutieren ein zentrales Zukunftsthema. In diesem Jahr: Die Kreislaufwirtschaft. Mit dabei: Martin Wittau von der Bundesvereinigung Nachhaltigkeit. Im Gespräch mit Michael zeichnen sie das Zukunftsbild Circular Economy.

Erste Erkenntnis: Der Begriff ist denkbar unklar. Mehr als Recycling, klar. Aber dann? Geht es um Ressourcenknappheit und deren Überwindung - also ein „Weiter so“ mit anderen Mitteln? Oder haben wir unsere planetaren Grenzen erreicht und brauchen eine grundlegendes Modell für Wirtschaft. In der Diskussion wurde schnell klar: Kreislaufwirtschaft taugt nicht als Begriff für Prozesse oder Technologien, Kreislaufwirtschaft beschreibt ein Verhalten wirtschaftlicher Akteure: kooperativ, partizipativ, vorsorgend. Der veränderte Umgang mit Material folgt diesen veränderten Verhalten.

Zentral ist die Frage der Verantwortung für Material. Wie verhält sich ein Wirtschaftsunternehmen, dass die Versorgung aus den gängigen Quellen nicht mehr selbstverständlich gegeben ist? Warum stehen Verbraucher allein mit der Frage, wie Materialien in die Kreisläufe geleitet werden können, wenn die Waschmaschine es eines Tages nicht mehr tut? Es ist ein Kipp-Punkt hin zur Kreislaufwirtschaft. Sobald es günstiger und verlässlicher ist, Stahl aus Gebrauchtwagen zu gewinnen als aus Eisenerz, werden Automobilkonzerne großes Interesse entwickeln, Gebrauchtwagenaufkäufer zu werden und Recyclingkompetenzen aufzubauen.

Die klare Prognose: Kreislaufwirtschaft kommt. Begonnen hat sie schon. Sie verbreitet sich immer dort, wo mehrere Akteure sich entscheiden, ihr Verhalten zu verändern. Spätestens zur Mitte des Jahrhunderts, so die Prognose des Future Camps 2023, wird Circular Economy zum Standard wirtschaftlichen Handelns. Und wer als Wirtschaft dann noch nicht zirkulär handeln kann, wird sich schwer tun.

Zu Gast: Martin Wittau, Vizepräsident Bundesvereinigung Nachhaltigkeit e.V.