Wir brauchen beides: Klimaschutz und Schutz vor dem Klima. Sagt die Wissenschaft ganz nüchtern. Hier in Gestalt von Sebastian Seiffert, Professor an der Universität Mainz. Er forscht im Grenzgebiet zwischen Physik und Chemie. Nebenbei engagiert er sich als Klimaschützer, bei Scientists for Future und zuletzt als Direktkandidat der Klimaliste bei der Bundestagswahl. Oder ist er nebenbei Professor und in erster Linie mit Klimafragen befasst? Jedenfalls ist er engagiert im Gespräch mit Michael Carl.

Sebastian Seiffert beschreibt ganz nüchtern den wissenschaftlichen Konsens: Die Klimakrise ist da und wir haben sie ausgelöst. Derzeit erleben wir mit Starkregen, Hitzewellen und mehr die Folgen einer Erwärmung um 1,2°C. Die ernüchternde Botschaft: Das ist zum Teil unserer Realität geworden. Und es wird wärmer. Es gibt keine theoretische Möglichkeit, diesen Prozess hier zu stoppen oder gar umzukehren. Selbst wenn wir unmittelbar aufhören würden, weitere Treibhausgase auszustoßen, wird sich der Globus weiter aufheizen, da sich die Wirkung der Treibhausgase, die wir bereits in die Atmosphäre geblasen haben, noch nicht vollständig entfaltet hat. Zwei Fragen sind offen: Wie weit werden wir den Globus weiter aufheizen? Antwort: Möglichst wenig. Allein zwischen 1,5°C und 2°C liegt die Möglichkeit, gute Teile unserer Zivilisation erhalten zu können – oder eben nicht. Zweite Frage: Wie weit können wir diesen Prozess hinauszögern, um Zeit für die Anpassung zu gewinnen? Wir werden sie brauchen – für den Umbau der Städte, für eine neue stabile Erergieversorgung, für umfassende Klimatisierung, für eine neue Mobilität, für die Infrastruktur. Kleinigkeiten also.

Sebastian sagt: Es reicht offensichtlich nicht, wenn wir Wissenschaftler versuchen nüchterne Fakten zu liefern, auf dass Politik und Gesellschaft ihre Schlüsse daraus ziehen und handeln. Denn: Das Handeln fällt aus. Zu beobachten im überschaubaren Rahmen in der Corona-Krise: Wir haben die Chance, die Pandemie mit Abstand, Masken und temporären Einschränkungen zu überbrücken, bis wir sie wegimpfen können. Erfolg: überschaubar, um es nett zu sagen. Was lernen wir daraus für die Bewältigung der Klimakrise? Es wird schwierig.

Motivatrion zieht Sebastian aus dem frisch an Klimaforscher verliehenen Nobelpreis für Physik, unter anderem an Klaus Hasselmann. Genau 100 Jahre nach dem Nobelpreis für Albert Einstein für den Photoelektrischen Effekt – Grundlage der heutigen Solartechnik – und 110 Jahre nach dem Preis für Wilhelm Wien, der mit dem Verschiebungsgesetz mit die Grundlagen für das Verständnis der Erderwärmung gelegt hat. Man spreche mit Naturwissenschaftlern – es gibt immer etwas zu lernen.

Der Gast in dieser Woche:

Sebastian Seiffert, @sci_ffert