Kartoffelpüree oder Tomatensaft auf Kunst - wie ist die Perspektive von Kunst auf die "Letzte Generation" und ihr Bild von Zukunft? Olaf Otto Becker ist Fotograf. In seiner Kunst befasst er sich mit den Spuren des Menschen in der Natur. In vielen Reisen hat er sich damit beschäftigt, wie der Mensch unwiederbringlich Natur schädigt - und was er dabei überhaupt zerstört. Er zeigt Schlachtfelder im Regenwald von Borneo, geschaffen um Platz für Palmölplantagen zu schaffen. Oder das Schmelzen der Gletscher in Grönland. Zum Teil sind das sehr schöne Bilder der Transformation, zugleich schrecklich, wenn man die Entwicklung zu Ende denkt. Und es wird so weitergehen. Diese Aussichtslosigkeit, so Olaf, ist deprimierend und gleichzeitig eine Feststellung, wie die Welt funktioniert. Mein eigenes Verhalten kann ich verändern, aber nicht das Verhalten aller Menschen weltweit.

Olaf sagt: Die Verzweiflung der letzten Generation macht traurig. Kartoffelbrei auf Kunst zu werfen, ist an sich eine vollständig sinnlose Tätigkeit. Aber die Verzweiflung dahinter ist echt. Wird das Ziel mit diesen Aktionen damit erreicht? Noch größer gefragt: Ist dem Klima geholfen, wenn das weltweit passiert, wenn alle unsere kulturellen Erzeugnisse zur Zielscheibe von Tomatensaft und Kartoffelbrei werden? Olafs Einschätzung: Ein Kunstwerk wird missbraucht. Sie wird als Geisel genommen, um ein anderes Thema in den Fokus zu bringen.

Ob wir nun aber die letzte Generation sind oder nicht: Ganz offensichtlich brauchen wir Menschen ein neu justiertes Bild zur eigenen Rolle in der Natur. Die bisherigen Begriffe und Bilder haben ausgedient. Ein Schlüssel dafür kann Kunst sein, neue Formen des Ausdrucks zu entwickeln, uns zu sensibilisieren, Bilder anzubieten.

Wir sind ein Teil der Natur, die uns hervorgebracht hat. Sind aber inzwischen ein so dominanter Teil der Natur geworden, dass sie irgendwann zusammenfallen wird. Wir wachsen wie ein Heuschreckenschwarm, der irgendwann so groß ist, dass er nicht mehr genug Nahrung findet und kollabiert. Ein Gärtner, der für die Hege und Pflege der Erde zuständig wäre, würde uns wahrscheinlich entfernen - oder mindestens stark zurückschneiden.

Panik hilft uns nicht weiter. Ein mögliches Bild: Wir brauchen jede: einzelne:n im Sinne der Gemeinschaft, es braucht koordinierte Aktion, die nur Politik und Gesetze bewirken können. Und wenn wir noch mehr werden? Dann müssen wir noch genauer kontrollieren, dass die Vorgaben auch eingehalten werden. Das bedeutet: Wir können uns die Freiheit nicht mehr erlauben, dass jede:r im Prinzip machen kann, was jede:r will. Das Ergebnis ist im Prinzip eine Art von Diktatur. Aber ist das ein positives Bild? Gute Diktatoren gibt es bekanntlich nicht. Aber wenn wir dieses Bild nicht wollen, dann müssen wir überlegen: Was wollen wir dann? Was wären wünschenswerte Bilder? Die Kunst kann hier Bilder hinwerfen und die Diskussion anregen. Und genau diese brauchen wir.

Diese Woche zu Gast in der Zukunft:

Olaf Otto Becker, Künstler und Fotograf.